13.04.2025
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„Schweres Busunglück“ als Übungsszenario in Erlstätt

200 Helfer trainierten die Abläufe – Rund 400 Zuschauer verfolgten das Geschehen

Grabenstätt, Erlstätt. Die frühlingshafte Alpenpanoramaidylle in Erlstätt wirkte am Samstagnachmittag trügerisch. Auf der Kreisstraße TS 54 wurde durch die Aktiven der örtlichen Feuerwehr eine Einsatzübung vorbereitet, die es sprichwörtlich „in sich hatte“ und mehr als 200 Helfer von Feuerwehr, Malteser Hilfsdienst und Rotem Kreuz gefordert hat. Rund 400 Zuschauer nutzten das „ausdrücklich gewünschte Gaffer Angebot“ und schauten den Rettern über die Schulter. Nach rund eineinhalb Stunden waren die Übungsziele erreicht und 22 „Verletzte“ gerettet.


Ein Bus, der im Straßengraben lag und ein Fahrzeug unter sich begraben hatte, ein umgestürzter Lastkraftwagen und einige PKWs sowie mehr als 20 Verletzte, die teils schwer eingeklemmt waren, bildeten die Zutaten für die „XL-Einsatzübung“ in Erlstätt. Wochenlang wurde die Übung durch die Aktiven der Feuerwehr rund um deren Kommandanten Michael Wimmer ausgearbeitet und vorbereitet.


Viele umliegende Feuerwehren rückten an
Pünktlich um 14 Uhr heulte vor Ort die Sirene und gab damit den Startschuss für die Übung. Nur wenige Augenblicke nach der Alarmierung sind bereits die ersten Fahrzeuge der Feuerwehr am Sportplatzgelände eingetroffen. Die Einsatzleitung hatte der stellvertretende Kommandant Sebastian Muggenhamer übernommen, der sich zunächst einen Überblick über die auf etwa 150 Meter ausgedehnte Einsatzstelle verschaffte.


Zeitgleich machten sich die ebenfalls alarmierten Feuerwehren aus Wolkersdorf, Grabenstätt, Chieming, Vachendorf, Haslach, Nußdorf, Holzhausen, Traunstein und Surberg auf den Weg zur Unfallstelle. Da sich bereits bei der ersten Erkundung herausstellte, dass es die Einsatzkräfte mit mehr als 20 Verletzten zu tun haben werden, war auch der Malteser Hilfsdienst aus Traunstein sowie das Bayerische Rote Kreuz mit mehreren Fahrzeugen und einem größeren Personalaufgebot vor Ort.


Aufwendige Sicherungsmaßnahmen am Bus
Die nach und nach eintreffenden Fahrzeugen wurden innerhalb kurzer Zeit mit den entsprechenden Aufträgen versorgt. Ein Teil der Helfer wurde für die Menschenrettung der Businsassen eingesetzt. Dazu musste das Fahrzeug zunächst umfangreich mit Seilwinden und Holzbohlen gesichert werden, damit dieses nicht weiter in den Straßengraben rutschte. Gleichzeitig wurden mehrere Scheiben entfernt, damit sich die Helfer einen Weg in den Innenraum bahnen konnten.


Weitere Helfer kümmerten sich um zwei eingeklemmte Personen in einem weiteren Fahrzeug, dass in den hinteren Bereich des Busses gekracht war. Mit schwerem technischem Gerät rückten sie vor, um die Türen des PKW zu öffnen und die Personen aus dem Fahrzeug zu befreien. Die technisch aufwendigste Rettung zeichnete sich in einem weiteren Fahrzeug ab. Ein mit zwei Insassen besetzter PKW wurde teileweise von dem auf der Seite liegenden Bus unter sich begraben.


Verletzte wurden durch angehende Notfallsanitäter versorgt
Nur wenige Meter entfernt lag mitten auf der Fahrbahn ein LKW auf der Seite und ein weiterer PKW kam in der angrenzenden Wiese auf dem Dach zum Liegen. Auch aus diesen beiden Fahrzeugen galt es, mehrere teils eingeklemmte, Personen beziehungsweise „Übungspuppen“ zu retten. Dabei mussten die Helfer immer wieder auf schweres technisches Gerät zurückgreifen, damit man die Verunfallten befreien konnte.


Bereits wenige Minuten nach dem Start der großangelegten Rettungsaktion konnten die ersten Menschen aus den Fahrzeugen gebracht und zur Verletztensammelstelle gebracht werden. Dort wurden sie von rettungsdienstlichen Helfern des BRK und des Malteser Hilfsdienstes zur weiteren Betreuung oder medizinischen Versorgung in Empfang genommen. Viele Verletztendarsteller wurden durch das Team der Realistischen Unfalldarstellung teils aufwendig geschminkt und waren kaum noch von „echten Verletzten“ zu unterscheiden.


Das Bayerische Rote Kreuze nutzte die Übung, um mit zahlreichen Auszubildenden der Notfallsanitäterausbildung die Abläufe bei Großschadenslagen zu trainieren. Zusammen mit ihren Praxisanleitern sammelten sie so Erfahrung in der Versorgung bei einem „Massenanfall an Verletzten“. Der Malteser Hilfsdienst aus Traunstein war mit der „Betreuungsgruppe“ vor Ort. Sie zeigten sich insbesondere für die Betroffenen verantwortlich, die nicht oder nur leicht verletzt waren.


Erstmals wurde ein neues Führungsfahrzeugkonzept getestet
Nach rund eineinhalb Stunden waren die meisten Übungsziele erreicht und die Übungsleitung konnte zur „finalen Lagebesprechung“ aufrufen. Am Führungsfahrzeug der Feuerwehr Erlstätt liefen die Fäden der Einsatzleitung zusammen und von dort aus wurden die erforderlichen Maßnahmen in Auftrag gegeben. „Wir haben nach rund einer Stunde 22 Menschen gerettet“, betonte der Einsatzleiter Sebastian Muggenhamer und schob ergänzend hinterher, „dass ist wirkliche eine sehr schnelle Rettungsaktion gewesen“.


Als Übungsziele waren unter anderem das Vorgehen bei der Technischen Rettung aus „Großfahrzeugen“, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Rettungsorganisationen sowie die Führung von Großschadenslagen ausgegeben. Darüber hinaus wurde erstmals das neue „Führungsfahrzeugkonzept“ der Feuerwehren getestet. Dieses sieht vor, dass die Einsatzleitung mit einem Einsatzleitwagen samt Personal unterstützt wurde und die beiden Einsatzabschnitte der Feuerwehr jeweils durch die Mannschaft eines Mehrzweckfahrzeugs besetzt waren.


Lob und Dank seitens der Gemeinde Grabenstätt
Bei der anschließenden ersten Nachbesprechung zeichnete sich ein durchwegs positives Bild von dieser Übung ab. „Handwerklich wurde sehr schnell und sorgfältig gearbeitet“, freute sich Kreisbrandrat Christof Grundner und ergänzte, „natürlich gibt es gerade bei so großen Szenarien immer etwas zu verbessern aber insgesamt haben alle Beteiligten eine professionelle und zielgerichtete Arbeit erbracht“.


Zur „Übungsbeobachtung“ waren etwa zehn Vertreter des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein beziehungsweise der Kreisbrandinspektion vor Ort. Deren Erkenntnisse und Notizen werden in den kommenden Tagen und Wochen aufgearbeitet und fließen anschließend in die entsprechenden Einsatzplanungen ein. Außerdem fanden sich einige Vertreter des Kreisverbindungskommandos der Bundeswehr ein, um die Abläufe in Augenschein zu nehmen.


Mit dabei war auch ein fünfköpfiges Team der Pressestelle des Kreisfeuerwehrverbandes, dass sich in erster Linie um „die Betreuung der Medienvertreter“ verantwortlich zeigte und eine bildliche Einsatzdokumentation durchgeführt hat.


Grabenstätts 1. Bürgermeister Gerhard Wirnshofer war ebenfalls vor Ort, um sich ein Bild von den Abläufen zu machen. „Ich bin schwer beeindruckt mit wie viel Engagement und Professionalität die Helfer mit dieser schwierigen Situation umgegangen sind“, betonte er und ergänzte, „ich danke allen, die sich in irgendeiner Weise bei der Feuerwehr oder den Rettungsdiensten einbringen und damit für andere da sind, wenn Hilfe gebraucht wird“.


Rund 400 Zuschauer verfolgten die Übung
Die beiden Hauptorganisatoren Michael Wimmer sowie Kreisbrandinspektor Rupert Kink dankten insbesondere den vielen Helfern in der Vorbereitung der Übung. Ein „dickes Vergelts Gott“ sprach der Erlstätter Kommandant insbesondere dem Abschleppunternehmen Rigra aus Siegsdorf aus. „Diese haben uns nicht nur die Übungsfahrzeuge kostenlos zur Verfügung gestellt, sondern haben uns auch mit schwerem Gerät vor Ort unterstützt“. Die kostenlose Entsorgung übernimmt die Firma Schaumaier aus Traunstein.


Rund 400 „kleine und große“ Zuschauer folgten der Einladung und konnten so den Helfern hautnah über die Schultern blicken. Die Übung wurde außerdem durch Hubert Hobmaier in seiner Rolle Fach-Kreisbrandmeister für Presse- und Medienarbeit moderiert und begleitet. Neben Erklärungen zum Ablauf der Übung, zu den Tätigkeiten und sowie zu den verschiedenen Geräten und Fahrzeugen, erhielten die Zuhörer viele Informationen wie zum Beispiel zur Notrufnummer 112, den Sirenensignalen oder über das Feuerwehrwesen im Allgemeinen.


Den Ausklang eines interessanten Übungsnachmittags fanden die Teilnehmer bei einer von der Gemeinde Grabenstätt spendierten Brotzeit. Viele Zuschauer nutzten dann auch noch die Möglichkeit, den Mitarbeitern der Firma Rigra bei den Aufräumarbeiten zuzuschauen. Sie rückten dem Bus mit einem Schwerlastkran sowie einem Abschleppwagen zu Leibe. Hob

Text
Hubert Hobmaier
Kreisfeuerwehrverband Traunstein

Bilder
Stefan Lohwieser, Michael Wimmer, Peter Volk, Wolfgang Gasser